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Schnaps, schnelle Autos und etwas Hollywood: Auf zum Spaziergang durch ein prämiertes Eifeldorf

Wolsfeld, alte Schule187 Gemeinden haben in diesem Jahr beim Landeswettbewerb mitgemacht. Eine davon ist Wolsfeld, das in der Sonderklasse Silber abgeräumt hat (der TV berichtete). Zusammen mit Ortsbürgermeister Heinz Junk sind wir durch das prämierte Dorf geschlendert.


Es ist nicht gerade der schönste Tag, um auf Fotopirsch durch ein vom Land ausgezeichnetes Eifeldorf zu laufen. Der Sturm ist zwar abgeflaut, aber es regnet, und der Himmel ist grau. Und dennoch: Selbst bei trübster Wetterlage ist Wolsfeld einen Ausflug wert.
Auffällig sind die vielen alten Häuser in hervorragend renoviertem Zustand. Kopfsteinpflaster, verwinkelte Gässchen, schöne Ausblicke, toll angelegte Gärten und viele junge und alte Bäume sind die Zutaten, die zusammengenommen den Charme dieses Ortes ausmachen.

22 Gebäude auf der Denkmalliste

Bei der Durchfahrt kann es passieren, dass einem mitten auf der befahrenen Europastraße ein freilaufendes Huhn die Vorfahrt nimmt. Vor dem Haus Elsen gibt es noch einen kleinen Misthaufen. Ein freundlicher Hund begrüßt wedelnd neugierige Besucher, und ab und an weht eine leichte Brise frische Landluft aus dem nahegelegenen Schweinestall. Heinz Junk ist Gemeindechef (seit 1994), Pensionär, Schnapsbrenner und Ehemann von Elisabeth Junk, die einen Gasthof betreibt. Im Dorf gibt es noch ein weiteres Hotel, einen Imbiss, vier Landwirte, diverse Handwerks- und Gewerbebetriebe, eine Metzgerei, eine Bäckerei, Kindergarten und Grundschule. Insgesamt 150 Arbeitsplätze kommen so zusammen.

Und die anderen kommen dank neuer Umgehungsstraße schnell und bequem an ihre Arbeitsstelle. Im Dorf sei es seit Fertigstellung der Umgehung (Ende 2008) deutlich ruhiger geworden, sagt Junk. Zuvor fuhren bis zu 10.000 Fahrzeuge durch den Ort. Ende 2013 wurde dann die Europastraße ausgebaut. Die ehemalige Bundesstraße ist von acht Metern Breite auf 5,75 Meter zurückgebaut worden. Doch zuvor gab es viele Gespräche, auch mal hier und da andere Meinungen – „doch letztendlich haben alle mitgemacht“, sagt der 63-Jährige.

Die neue Straße steht im Kontrast zur alten Bausubstanz im 1000-Einwohner-Dorf. Der Ortskern entlang der Hubertus- und der Holsthumer Straße bietet mit dem Schloss (17. Jahrhundert) und den Bauernhäusern aus dem 18. Jahrhundert interessante Architektur. Insgesamt sind 22 Gebäude auf der Denkmalliste des Landes Rheinland-Pfalz eingetragen. Kaum ein Haus, das nicht irgendwie den Zusatz „Alt“ im Namen führt. Da gibt es das Baugebiet Altes Sägewerk, die alte Schmiede, das alte Rathaus, die alte Schule, die alte Hubertuskirche und das alte Spritzenhaus.

Und für besonders gelungene Objekte hagelte es schon diverse Auszeichnungen. So hat das luxemburgische Ehepaar Nicole und Carlo Sente-Ligbado für seinen Einsatz in der Denkmalpflege im November vom Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz die silberne Halbkugel (die höchste Auszeichnung auf diesem Gebiet in Deutschland) verliehen bekommen. Sie haben bereits mehrere alte Bauernhäuser und das Schloss Wolsfeld restauriert.

Die Stimmung sei gut im Dorf, Nörgler gebe es natürlich auch, aber im Großen und Ganzen gibt es ein reges Dorfleben, sagt der Gemeindechef. Wolsfeld ist bekannt für seine Feste und Veranstaltungen. Allen voran das Wolsfelder Bergrennen, das in diesem Jahr an Pfingsten zum 53. Mal vom EMSC Bitburg ausgetragen wurde. „Dann steht das ganze Dorf Kopf. Alle Vereine helfen mit“, sagt Junk. Großer Höhepunkt ist der Sommernachtsball zum Abschluss.
Seit 2009 veranstalten drei ortsansässige Obstbrenner den Wolsfelder Brennertag. Und jedes zweite Jahr organisiert die Katholische Frauengemeinschaft an Karneval einen bunten Abend, den kommenden unter dem Motto „Hollywood“.
Damit man bei den vielen Terminen den Überblick behält, bringt der Verein „Ees Wolzend“ viermal im Jahr einen Hochglanz-Flyer heraus.

Nachwuchsprobleme hat eigentlich nur die Seniorengruppe. „Die fühlen sich alle zu jung für unsere Treffen“, beschwert sich die Vorsitzende Agnes Hoffmann, lacht und marschiert weiter die Straße entlang.
Ein reges Dorfleben, eine gute Infrastruktur und eine lebenswerte Umgebung – da bekommt man doch glatt Lust, sich in Wolsfeld ein Häuschen zu bauen. Doch das ist nicht so einfach. Neubaugebiet? – Fehlanzeige. „Wir haben kein aktuelles und die 49 Parzellen vom Alten Sägewerk gingen ruckzuck weg“, sagt Junk.
Ist ja auch so schön da, beim Silbermedaillengewinner. Selbst im November, bei grauem Himmel, Regen und Wind.
 

Meinung
Stefanie Glandien
Schöner Leben im Ortskern
 
Wolsfeld zeigt, wie es gehen kann mit einer positiven Dorfentwicklung – auch ohne neues Baugebiet. Da es an Baustellen mangelt, werden innerorts Lücken gefüllt oder Altbauten saniert. Und da kommt so manches Schmuckstück zum Vorschein. Das Leben im Dorf bleibt so lebendig, der historische Ortskern erhalten. Statt nach außen immer mehr auszufransen, wird in den Bestand investiert. So bleibt auch die eifeltypische Architektur erhalten. Toscana-Haus oder Alpenchalet sind am Urlaubsort schön, gehören aber nicht unbedingt in heimische Gefilde. Da passt ein schön restaurierter Bauernhof einfach besser in die Landschaft.
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Extra Wolsfeld
Einwohner: 1033
Vereine/Gruppen: Sportverein, Musikverein, Kirchenchor, Freiwillige Feuerwehr, Katholische Frauengemeinschaft, Ees Wolzend, Messdienergruppe, Seniorengruppe.
Spielplätze: Drei
Die Ortsgemeinde hat sich bisher elfmal am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ beteiligt. 2009 erreichte Wolsfeld den ersten Platz auf Landesebene.

Quelle: volksfreund.de

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